Jörn Holtmeier, AUMA-Geschäftsführer
Liebe Leserin, liebe Leser,
lag es an den nahenden Osterfeiertagen oder an der neu gewonnenen Einsicht der Beteiligten? Die Tarifauseinandersetzungen mit der Bahn und dem Bodenpersonal der Lufthansa sind jedenfalls vom Tisch. Endlich! Geblieben sind die Folgen der Streiks für Messedeutschland. Das erste Quartal des Jahres ist bekanntermaßen das messestärkste. Insbesondere der vergangene März ist mit 43 Messen so dicht getaktet gewesen wie kaum ein anderer Monat.
Und daher sind auch die Auswirkungen dieser Streiks enorm, wie eine aktuelle AUMA-Umfrage unter unseren Mitgliedern zeigt: Mehr als 50 Messen waren von Anfang Januar bis Mitte März von Streiks bei der Bahn, im Personennahverkehr, im Flugverkehr und an den Flughäfen betroffen. Manche gleich doppelt oder dreifach. In Relation zu den Zahlen der Vorjahre dürften wegen nicht angetretener Reisen wenigstens 222.000 Menschen weniger zu den Messen im ersten Quartal 2024 gekommen sein – ein Minus von durchschnittlich elf Prozent.
War auf die An- und Abreise zu den 70 Messeplätzen in unserem Land bisher Verlass, so wurden Messeteilnehmer auf eine besonders harte Probe im vergangenen Quartal gestellt. Gerade gegenüber unseren internationalen Messeteilnehmern kein gutes Signal, gefährdet es doch den guten Ruf, den wir als Messestandort in der Welt haben. Und noch schwerwiegender sind verpasste Gespräche und Geschäftsanbahnungen, die wir doch gerade in Deutschland in einem schwachen wirtschaftlichen Umfeld so dringend brauchen. Die Umsatzverluste bei ausstellenden Unternehmen und Veranstaltern oder auch die Mehrkosten für höheren Aufwand sind jedenfalls kaum zu beziffern
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Die Betroffenheit unserer Branche hat der AUMA-Vorsitzende Philip Harting sehr deutlich gemacht - sowohl gegenüber dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland als auch in seinem Schreiben an Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Zuletzt hatte ich die Chance, die Auswirkungen auf die Messewirtschaft in einem Gespräch mit dem Koordinator der Bundesregierung für Tourismus, Dieter Janecek, klarzumachen. Dabei ist uns eine Sache wichtig: Streiks sind legitim in einer Auseinandersetzung zwischen Tarifpartnern. Doch die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben. Sie gerät zunehmend aus dem Blick. Der Konsens gehört zur Demokratie. Das Beharren auf Maximalforderungen beschädigt am Ende mehr als es kurzfristig bringt, gerade für uns als internationale Wirtschafts- und Handelsnation.
Ihr
Jörn Holtmeier
AUMA-Geschäftsführer
Editorial aus AUMA Compact 5 vom 3. April 2024