Ein wichtiger Partner für eine erfolgreiche und lebendige Auslandsmessebeteiligung sind die sogenannten Durchführungsgesellschaften. Was sich dahinter verbirgt, erzählt Kristian Schischke, Geschäftsführer der ECM Expo&Conference Management GmbH aus Berlin, im Gespräch mit Steffen Schulze, Leiter Kommunikation und Marketing im AUMA.
Kristian Schischke, Geschäftsführer der ECM Expo&Conference Management GmbH aus Berlin
Lieber Kristian Schischke, eine Durchführungsgesellschaft, was ist das eigentlich?
Kristian Schischke: Das sind 20 Allround-Dienstleister, die sich allein im vergangenen Jahr um etwa 4.500 deutsche ausstellende Unternehmen auf 200 Messen in aller Welt gekümmert haben. Durchführungsgesellschaften sind die Dienstleister, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz die deutschen Gemeinschaftsstände des Auslandsmesseprogramms weltweit von A bis Z organisieren.
Das Aufgabenprofil ist viel lebendiger, als es dieser etwas hölzerne Begriff vermuten lässt. Als Durchführungsgesellschaft bringen wir alle Beteiligten zusammen: Veranstalter, Ministerium, Auslandshandelskammer, Botschaft, unsere Dienstleister und vor allem auch die Aussteller. Da jede Partei mit eigenen Erwartungen an die Projekte herangeht, braucht es den zentralen Punkt, an dem alle Fäden zusammengeführt werden. Neben der budgetkonformen Organisation und Administration haben wir auch die Funktion eines Moderators, der alle Interessen bestmöglich in Einklang bringt.
Du bist mit deinem Unternehmen seit 2010 im Geschäft und damit eine der jüngeren Gesellschaften. Wie hat sich das Geschäft verändert?
Die wohl wichtigste Veränderung ist die Wahrnehmung und der Stellenwert einer deutschen Messebeteiligung bei den internationalen Veranstaltern. Zu Beginn sind wir mit einem German Pavilion stets sehr wertgeschätzt worden und waren das Zugpferd vieler internationaler Events. Heute erleben wir kaum noch diese besondere Behandlung. Wir müssen uns einreihen in Beteiligungen vieler anderer Länder, von denen einige inzwischen wichtige Leitmessen dominieren. Das erhöht den Druck zu Platzierung, Gestaltung und Größe sowie Finanzierung unserer eigenen Beteiligungen.
Im Messegeschäft sind wir schon seit 1999 als Koordinator für deutsche Unternehmen auf ausländischen Messen. Den ersten Auftrag als Durchführungsgesellschaft haben wir 2010 für die Schiffbaumesse Pacific in Australien erhalten. Unsere Erfahrung bezieht sich also auf 15 der insgesamt 75 Jahren des Auslandsmesseprogramms. Doch auch in dieser kurzen Zeit gibt es einige markante Wendungen. Die Veranstalterlandschaft ist mittlerweile international von wenigen großen Playern geprägt ist.
Wie viele Projekte hast du bisher begleitet? Hast du eine Lieblingsmesse?
Im Auslandsmesseprogramm kommen wir aktuell auf 45 Projektdurchführungen. Wir sind jedoch weit länger mit einem Messeprojekt verbunden, als es das Auslandsmesseprogramm sichert. Daher zähle ich deutlich mehr. Wir starten häufig mit kleineren deutschen Gemeinschaftsbeteiligungen, die wir ohne Förderung organisieren. Dort zeigt sich dann, ob eine Messe reif für eine Bundesbeteiligung ist. Aber auch, wenn eine Messe die Förderung verliert, bieten wir den weiterhin teilnehmenden Ausstellern die Komplettbetreuung. So kann es sein, dass wir eine Erstbeteiligung für den Bund organisieren, aber schon viele Jahre auf der Messe und für die Messe tätig sind.
Eine besondere Messe ist immer die, um die wir uns das erste Mal kümmern, am liebsten dann auch gleich in einer neuen Destination. Wie beispielsweise 2022 die Electra Mining in Johannesburg. Südafrika hatten wir bis dahin noch nicht bespielt – eine tolle neue Erfahrung und eine großartige Messe. Aber alle Messen, die wir über viele Jahre betreuen und begleiten, bieten ein Gefühl des Nach-Hause-kommens. Eine vertraute Zusammenarbeit mit allen Akteuren ist für uns genauso wertvoll wie die Erkundung neuer Messen. Die Auswahl einer Messebeteiligung ist für uns immer eine sorgfältige Entscheidung. Es ist uns wichtig, in den uns bekannten Branchen zu agieren, in denen wir seit vielen Jahren über Themenkompetenz und Markteinblicke verfügen.
Wer ist für eine Durchführungsgesellschaft wichtig als Partner?
Ich hatte ja schon den Wettbewerb mit anderen Nationen genannt. Umso mehr sind zwei Akteure relevant: Zunächst sind die Veranstalter als Partner einzubinden. Sie müssen für ein wertiges Umfeld unserer Gemeinschaftsstände sorgen, sie auch bewerben und im Hallengefüge ausgewogen platzieren. Zum zweiten sind es die Branchenverbände, die wissen, welche Ziele ihre Industrie in den jeweiligen Regionen verfolgt. Ohne Zielsetzung und anschließende Erfolgsmessung kann gar nicht entschieden werden, welche Messen - die AUMA-Datenbank listet ja rund 5.000 Messen auf. Nicht nur die Aussteller, auch wir als Durchführungsgesellschaft wollen Beteiligungen über viele Jahre begleiten und erfolgreich weiterentwickeln. Das geht nur mit diesen Partnern.
Was ist Dein Wunsch für das Auslandsmesseprogramm im Jubiläumsjahr?
Das Aufgabenprofil muss attraktiv bleiben. Die jetzt nachfolgende Generation möchte gestalten und mitwirken. Allein das Organisieren von Gemeinschaftsständen ist nicht mehr spannend. Der Bund muss hier das Potenzial der Menschen abrufen, die heute in der ersten Reihe für die Marke „made in Germany“ stehen. Wir benötigen mehr Mitgestaltungs- und Beratungsmöglichkeiten. Neue Unternehmen kommen kaum noch als Durchführungsgesellschaften hinzu. Im Gegenteil: Es verabschieden sich einige große Player. Das sollte ein Warnsignal für das Ministerium sein. Know-How, Engagement und Kreativität muss gesichert werden. Sonst schaffen wir die nächsten 75 Jahre nicht.
Kristian Schischke (54) ist seit 1999 geschäftsführender Gesellschafter von ECM Expo&Conference Management GmbH mit Sitz in Berlin. Seine Wahl fiel schon früh auf die Messebranche: nach einem Studium an der DHBW Ravensburg folgten fünf Jahre bei der Messe Berlin in verschiedenen Projekten. 1996 dann der Wechsel in die Unternehmertätigkeit. Und obwohl er sich etwas quält, legt er sich doch fest: Die Electra Mining in Johannesburg ist eine seiner liebsten Messen.
29. Januar 2024