Mario Tobias ist seit September 2023 Chef der Messe Berlin. Mitte Juni hat die AUMA-Mitgliederversammlung den 52-Jährigen in den Gesamtvorstand des Verbands der deutschen Messewirtschaft gewählt. Was der Unterschied zwischen seinem vorherigen Job bei der Industrie- und Handelskammer und dem eines Messechefs ist, wie er auf den AUMA schaut und wohin die Reise bei der Messe Berlin geht, fragte Steffen Schulze vom AUMA.
Mario Tobias, CEO der Messe Berlin GmbH
Lieber Mario Tobias, was unterscheidet den Arbeitstag eines Messe-Chefs von dem eines IHK-Chefs?
Es gibt viele Ähnlichkeiten und auch eine ganze Menge Unterschiede. Eine Industrie- und Handelskammer ist bereits sehr spannend, weil man es mit allen Branchen zu tun hat und eng mit Politik und Medien zusammenarbeitet. Diese Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft habe ich bei der Messe Berlin sofort wiedergefunden. Aber die Schlagzahl im Messegeschäft und die Internationalität sind noch einmal deutlich höher und das macht es so spannend. Hinzu kommt die unglaubliche Vielfalt. In einer Woche bist du auf der Tourismus-Messe ITB China in Shanghai, die andere Woche ist die ILA mit internationaler Flugschau. Im Anschluss kommt die Hanf-Messe Mary Jane als Gastveranstaltung auf unser Gelände. Von daher ging es ganz schnell, dass mich der Messe-Virus wieder infiziert hat, nachdem ich früher viele Jahre lang für die CeBIT in Hannover hatte mitwirken können. Vor allem freue ich mich, dass ich die künftige wirtschaftliche Weiterentwicklung der Messe mit einem tollen Team gemeinsam gestalten kann.
Gibt es etwas bei der Messe (Berlin), von dem Sie jetzt erst wissen, Sie es aber vorher gerne schon gewusst oder genutzt hätten?Die meisten Veranstaltungen wie die InnoTrans oder ITB kannte ich natürlich als Fachbesucher. Andere, wie die Grüne Woche habe ich als Privatbesucher mit meinen kleinen Kindern kennengelernt. Was für mich Neuland war, ist die Fruit Logistica. Zu erleben, dass 90 Prozent internationale Gäste aus aller Welt zu dieser Leitmesse anreisen, um über den Obst- und Gemüsehandel zu sprechen, das hat mich wirklich beeindruckt.
Was ist Ihr erster Eindruck vom AUMA? Wie erleben Sie den Verband der deutschen Messewirtschaft? Und war er Ihnen eigentlich schon vorher ein Begriff?
Ich komme selbst aus der Verbandsarbeit und habe mich viele Jahre beim Bitkom für die Digitalisierung in Deutschland eingesetzt. Daher weiß ich nur zu gut, wie wichtig es ist, dass wir uns als Branche zu politischen Themen positionieren. Wir mögen bei der einen oder anderen Veranstaltung im Wettbewerb stehen, aber die großen Themen müssen wir gemeinsam angehen. Ein aktuelles Beispiel: Unsere internationalen Aussteller und Gäste müssen schneller und einfacher an Visa kommen. Das ist ein elementares Thema für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland, das keine Messegesellschaft allein lösen kann. Dazu brauchen wir einen starken Verband. Ich habe den AUMA vor fast 20 Jahren kennengelernt, als ich als Berichterstatter zur Broadcast Asia nach Singapur reisen durfte.
Die Messe Berlin ist 2022 200 Jahre alt geworden. Was sind die großen Themen ihres Unternehmens für die kommenden 20 Jahre?
Der Blick in die Kristallkugel ist immer spannend. Hier einmal drei Themen, die uns mit großer Sicherheit begleiten werden: Zu unseren Kernaufgaben gehört erstens die Weiterentwicklung unseres Produktportfolios. Daran arbeiten wir ständig. Das heißt: Sich nicht auszuruhen, nur weil man einen großen Namen im Portfolio hat, sondern bestehende Veranstaltungen kontinuierlich weiterzuentwickeln und neue Trends frühzeitig zu erkennen, um neue Formate im Markt zu etablieren.
Zweitens: Die Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz werden uns alle als Branche beschäftigen.
Drittens entwickeln wir gerade unsere Nachhaltigkeitsstrategie, in der wir uns langfristige Ziele setzen, wie wir unsere Geschäftsprozesse und insbesondere unsere Veranstaltungen nachhaltiger ausrichten können. Dabei geht es mir nicht um irgendein Label “klimaneutral bis x”, sondern um kontinuierliche Verbesserungen bei uns selbst und in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Und bei all diesen Themen werden wir wohl nie am Ende sein, sondern uns auch in 20 Jahren noch weiterentwickeln.
Wenn Sie über den Tellerrand der Messewirtschaft schauen: Wer oder was inspiriert Sie? Gibt es jemanden oder etwas, wo sie gute Ideen für den Job tanken?
Wenn junge Menschen trotz unserer langsamen und vorsichtigen Mentalität in Deutschland eigene Ideen für die Zukunft entwickeln und umsetzen. Ich finde, wir sollten hier als Gesellschaft viel mehr zuhören. Wo finde ich Kraft und Inspiration für mich selbst? Wenn ich mit meiner Familie zusammen bin, draußen in der Natur oder Kopfhörer auf, Jazz an und laut.
Mario Tobias ist gebürtiger Wolfenbüttler. Nach Stationen beim Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (bitkom) und dem Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) wurde er 2014 Chef der IHK Potsdam. Seit 2023 ist er CEO der Messe Berlin. Sein Tipp für die laufende Fußball-Europameisterschaft: England, es sei denn Deutschland schafft es ins Elfmeterschießen.
Weitere Informationen: www.messe-berlin.de
26. Juni 2024