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12. Dezember 2019Messe­wirtschaft

Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements im Unternehmen ist die Basis

Interview mit Dirk Walterspacher zur Nachhaltigkeit in der Messewirtschaft

In der Messewirtschaft gibt es viele Bemühungen, im Hinblick auf Nachhaltigkeit verantwortungsbewusst zu handeln. Am 19. November 2019 lud der AUMA interessierte Teilnehmer aus seinem Mitgliederkreis zu einem Nachhaltigkeits-Workshop nach Berlin, um sich über Best Cases und zukünftige Vorhaben auszutauschen. Als Moderator führte Dirk Walterspacher, ForestFinest Consulting, durch den Tag. Wir haben den Experten für betriebliche Nachhaltigkeit interviewt.


Dirk Walterspacher berät Kunden in der Eventbranche in Sachen nachhaltiges Veranstaltungsmanagement. Er moderierte den AUMA-Workshop am 19. November 2019 in Berlin.


AUMA: Herr Walterspacher, in der Messewirtschaft wird einiges für Nachhaltigkeit getan. Wie kann ein Unternehmen beurteilen, ob die Bemühungen ausreichen?

Dirk Walterspacher: Idealerweise versteht man Nachhaltigkeit als Managementprozess, also ein nicht endender Prozess der stetigen Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance des Unternehmens. Insofern könnte man sagen, dass die erfolgreiche Implementierung eines Nachhaltigkeitsmanagements im Unternehmen die Basis der Nachhaltigkeits-Bemühung darstellen sollte. So ist in hohem Maße gewährleistet, dass ein Unternehmen kontinuierlich und ressourcenschonend die richtigen Dinge tut, seine Nachhaltigkeit zu verbessern.

Ein externer Gradmesser für das „Ausreichen“ der Bemühungen sind mögliche Erwartungen von Stakeholdern wie Mitarbeiter, Gesellschafter, Zivilgesellschaft, usw. Kunden fordern von Dienstleistern zunehmend eine externe Nachhaltigkeitszertifizierung, einen Carbon Footprint oder Rückverfolgbarkeit der Ware bzw. Dienstleistung. Aber gerade auch hier hilft ein intaktes Nachhaltigkeitsmanagement, solchen zunehmenden Erwartungen kurz- oder mittelfristig entsprechen zu können. 

AUMA: Welche Verfahren gibt es für Unternehmen, realistische Nachhaltigkeitsziele zu erarbeiten und umzusetzen?

Dirk Walterspacher: Wenn das übergeordnete Unternehmensziel ist, die Nachhaltigkeit im Unternehmen generell zu verbessern, empfiehlt sich gerade hier ein strukturiertes Vorgehen nach dem Nachhaltigkeitsmanagement-Ansatz. Hierzu werden zunächst relevante Handlungsfelder wie Abfallmanagement, Energieeffizienz, Mitarbeiter Work-Life-Balance usw. ausgehend von z.B. dem Nachhaltigkeitsleitbild des Unternehmens oder Standardvorgaben wie GRI (Global Reporting Initiative) bestimmt. Nach einer Bestandsaufnahme des Ist-Zustands im Unternehmen gilt es dann, sich möglichst messbare Ziele für entsprechende KPIs (Key Performance Indikatoren) in diesen Handlungsfeldern zu geben. Und natürlich müssen geeignete Maßnahmen definiert und umgesetzt werden, mit deren Hilfe die Ziele erreicht werden sollen.

Wenn z.B. Mitarbeitermobilität ein relevantes Handlungsfeld ist und ich feststelle, dass 80% der Mitarbeiter täglich individuell mit dem Auto anreisen, dann könnte ein Ziel sein, diese Zahl binnen eines Jahres auf 60% zu reduzieren, wobei Anreize wie Jobticket, Fahrgemeinschaften, Leasing-Rad, usw. vielversprechende Maßnahmen wären. Eine regelmäßige Überprüfung der Zielerreichung und Nachjustierung der Ziele oder Maßnahmen sorgt hier für die kontinuierliche Verbesserung der Unternehmensnachhaltigkeit.

AUMA: Welchen Stellenwert hat nach Ihrer Erfahrung die Kommunikation rund um Nachhaltigkeit gegenüber den eigenen Mitarbeitern, Kunden und externen Anspruchsgruppen?

Dirk Walterspacher:
Nachhaltigkeit hat seit einigen Jahren, aber insbesondere in den letzten Monaten einen zentralen Stellenwert in der öffentlichen Diskussion, politischen Entscheidungen und damit auch unternehmerischem Handeln eingenommen. Entsprechend muss dieses Thema auch in der internen und externen Kommunikation glaubwürdig und angemessen vertreten sein. Nachhaltigkeit als Unternehmenswert bindet Mitarbeiter und ist ein Vorteil im Werben um Nachwuchskräfte und Talente gerade der jüngeren Generation. Und natürlich befördert die Kommunikation über Nachhaltigkeit mit den Mitarbeitern Innovationen für neue Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens, aber auch Verbesserungsideen für die unternehmensinterne Nachhaltigkeit.

Mit den eigenen Dienstleistern sollte frühzeitig ein aktiver Dialog über die eigene Nachhaltigkeitsstrategie erfolgen. So ist gewährleistet, dass gemeinsam mit den Dienstleistern und Zulieferern nachhaltige eigene Produkte und Dienstleistungen entstehen. Und natürlich gilt es, die Nachhaltigkeit des Unternehmens gegenüber Kunden zu kommunizieren. Pro-aktiv gegenüber Bestandskunden, aber auch akquisitorisch zur gezielten Gewinnung von Neukunden. Entscheidend dabei ist sicherlich eine authentische und transparente Kommunikation.

Eine „normierte“ Form der Kommunikation wäre dann der Nachhaltigkeitsbericht, z.B. nach GRI oder auch DNK (Deutscher Nachhaltigkeitskodex), der durch „harte“ Performance-Indikatoren, aber auch durch „Story Telling“ ein breites Spektrum der Stakeholder-Bedürfnisse abdecken kann.

Dirk Walterspacher ist Geschäftsführer der ForestFinest Consulting GmbH. Das Unternehmen berät internationale Kunden im Bereich nachhaltiger tropischer Forst- und Agroforst-Wirtschaft. Zum Unternehmen gehört auch der Geschäftsbereich CO2OL, der internationale Unternehmen und Organisationen im Bereich der betrieblichen Nachhaltigkeit berät. Dirk Walterspacher ist ausgebildeter Lead Auditor für die Nachhaltigkeitsmanagementnorm ISO14001 und hat federführend mit dem Nachhaltigkeitsausschuss des FAMAB Verbandes das Label „Sustainable Company“ entwickelt. Seit 2012 ist er als Entwickler und Referent des Seminars „Weiterbildung zum Nachhaltigkeitsberater in der Veranstaltungsbranche“ für das GCB tätig.

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Der Workshop "Nachhaltigkeit in der Messewirtschaft" fand erstmals am 19.11.2019 beim AUMA in Berlin statt. Es ist geplant, den Erfahrungsaustausch im nächsten Jahr in dieser Form fortzusetzen.





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