Interview mit Sandra Ulsamer, NürnbergMesse
Sandra Ulsamer
ist als Vertriebsmanagerin bei der NürnbergMesse tätig. Seit 2018 nutzt
sie verstärkt die sozialen Netzwerke, um mit Ausstellern in Kontakt zu
treten, um über ihren vertrieblichen Alltag und die verschiedenen
Sonderflächen zu informieren. Während des Social Media FachForums hat
Anne Böhl die Gelegenheit genutzt, mit ihr darüber zu sprechen.
Sandra Ulsamer auf dem AUMA FachForum Social Media am 5. November 2022
Liebe Sandra Ulsamer, du kommst ja eigentlich aus dem Vertrieb. Was hat dich bewogen, auf Social Media so aktiv zu werden?Sanda Ulsamer: Irgendwann habe ich erkannt, dass wir Vertriebler Social Media nutzen sollten, um dort Besucher- und Ausstellerwerbung zu machen. Neben der Bewerbung durch unsere Marketingkolleginnen und -kollegen mit den Veranstaltungs-Accounts können wir Vertriebler zusätzlich die Reichweite der Veranstaltung vergrößern. So erreichen wir mit unserem persönlichen Account unsere Wunschkunden und können sagen: „Hallo, die Messe XY findet bald statt. Komm nach Nürnberg und schau dir die neuesten Informationen der Branche oder den Auftritt vom Mitbewerber als Besucher an und sei beim nächsten Mal als Aussteller dabei.“
Was kann Social Media im Vertrieb besser als klassische Vertriebsinstrumente?
Sandra: Vor allem kann man über Social Media eine große Reichweite erzielen. Wenn ich sonst ganz klassisch nur mit einem Kunden telefoniere, kann ich über Social Media mit einem Post 200, 300 oder auch deutlich mehr Kunden erreichen. Vorab ist die Aufgabe natürlich, erst einmal für die entsprechende Reichweite zu sorgen. Das bedarf einer aktiven Aufbauarbeit. Umfragen zeigen, dass immer mehr Kunden lieber selbst auf Angebote stoßen, als dass sie von einem Vertriebler angesprochen werden.
Wie wichtig ist dabei die Zahl der Follower?
Sandra: Dazu sage ich immer zu meinen Ausstellern: „Es ist nicht wichtig, wie viele Besucher grundsätzlich auf einer Messe sind, sondern es muss der richtige Besucher auf den Stand kommen.“ Und genauso ist es mit den Followern.
Ich habe rund 3.700 persönliche Follower organisch bei LinkedIn. Die Followerzahl sagt für den Vertrieb aber noch nicht allzu viel aus, denn diese Follower werden in ihrer Gesamtheit nie meine Aussteller werden. Wenn ich allerdings für meinen Vertrieb gezielt meine Wunschkunden zur richtigen Zeit erreiche, dann habe ich alles richtiggemacht.
Unter welchen Voraussetzungen sind Social-Media-Maßnahmen erfolgreich für das Veranstaltungsmarketing?
Sandra: Sobald die Marketing- und Vertriebskollegen die Sichtweise wechseln und überlegen, was braucht der Kunde, was braucht die Kundin, um ein Bedürfnis zu decken – dann sind alle Voraussetzungen für einen Erfolg durch Social Media gegeben. Echter Content ist dabei sehr wichtig.
Gutes Stichwort. Wie findest du deinen Content?
Sandra: Ich überlege mir eine Strategie, wie ich mir grob mein Jahr einteilen kann. Wann sind bestimmte Themenschwerpunkte? Wann gehe ich zum Beispiel auf Wettbewerbsmessen? Wann sind bestimmte Highlights der entsprechenden Branche, die ich herausheben möchte? Dann gilt es, diese Highlights so in Inhalt einzubetten, dass dieser interessant für meine Follower ist.
Manchmal lasse ich mich aber auch von meinem Bauchgefühl leiten. Solche Posts werden häufig mit viel Interaktion durch meine Kontakte belohnt, da sie emotionale Themen behandeln. Das zeigt dann eindeutig, dass der persönliche Draht zum Kunden viel mehr bringen kann als der eigentliche Informationsaustausch über Produkt XY.
Wir haben in deiner Präsentation gesehen, es sind konkret sieben Messen, die aktuell dein Social-Media-Jahr gestalten, mit ganz unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Wie viel Aufwand hängt daran?
Sandra: In diesem Fall geht es um die Teilnehmer bei den Gemeinschaftsständen für junge innovative Unternehmen. Ich berichte vor, während und nach der Veranstaltung über diese Teilnehmer. Letztendlich geht es dabei darum, den Gemeinschaftsstand in den Vordergrund zu heben und die Besucher und andere Aussteller dafür zu sensibilisieren, dass es eine Sonderfläche mit Innovationen und Neuigkeiten gibt. Der eigentliche Aufwand ist dabei, ganzjährig den Kontakt zu den Teilnehmern zu halten, deren Aktivitäten auf Social Media zu beobachten, zu liken oder zu kommentieren.
Der Aufwand wird dann gerechtfertigt, wenn der Teilnehmer auch beim nächsten Gemeinschaftsstand mit weniger Akquise Arbeit dabei ist und später auch als regulärer Aussteller anmeldet.
In deinem Vortrag auf unserem FachForum ging es auch um Social Selling. Was genau ist das?
Sandra: Social Selling gibt es als Begriff seit 2015/16. 2020 – insbesondere während der Anfangszeit von Corona - wurde Social Selling bewusster wahrgenommen. Viele unserer Ansprechpartner saßen im Homeoffice und waren für Werbepost nicht erreichbar. Auch Diensthandys hatten noch nicht alle Ansprechpartner. Ich bin in dieser Zeit dazu übergegangen, mit den Kunden auch über Social Media zu kommunizieren. Wichtig ist dabei, nicht nur während einer Verkaufsphase – bei uns zur Messelaufzeit –, sondern auch davor und danach in Kontakt zu bleiben.
Bei Social Selling geht es um die Nutzung des persönlichen Social-Media-Profils des Vertrieblers, der Vertrauen bei seinen Kunden aufbaut und einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht. Letztendlich kaufen Menschen von Menschen und nicht von Unternehmen. Die wichtigste Regel ist hierbei, das persönliche Vertrauen nicht durch Werbephrasen zu stören.
Wie funktioniert dabei die Erfolgsmessung?
Sandra: Das ist ähnlich schwierig wie die Erfolgsmessung bei Social Media: Woher kommt der Umsatz? Woher kommt das Wissen, dass jetzt eine Messe stattfindet? Genauso ist es mit Social Selling. Wir sind mit der Erfolgsmessung noch in den Kinderschuhen und es ist aktuell noch relativ schwierig zu monitoren.
Es sei denn, ich habe einen Kunden rein durch Social Media kennengelernt, bin durch mein Expertenwissen aufgefallen, durch regelmäßige Posts bin ich eine Zeitlang in Kontakt geblieben. Wenn dann der Kunde signalisiert, jetzt ist der richtige Zeitpunkt zu sprechen und er bestellt oder meldet sich unmittelbar an… Dann kann man den Vertragsabschluss eins zu eins als Erfolg von Social Selling werten.
Unsere Messebranche hat während Corona viel Fachpersonal verloren, auch in den Social-Media-Teams. Nun drängen neue Talente in die Messegesellschaften. Was gibst du den jungen Social-Media-Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg?
Sandra: Ich glaube, die Aktivität in Social Media ist vom lebenslangen Lernen geprägt. Es gibt häufig neue Plattformen, bei denen man erst einmal verifizieren muss, ob das eine geeignete Plattform ist und ob sie auch künftig für die Zielgruppe relevant ist. Jeder Kanal agiert und reagiert anders. Hinter jeder Plattform steht ein Algorithmus und der wird in unregelmäßigen Abständen geändert. Daher mein Rat: Man muss Spaß haben an der Veränderung, nur dann funktioniert es.
Vielen Dank!
November 2022