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„Haben unser 100-jähriges Jubiläum leider verpasst“

Viele Messeplätze in Deutschland feiern in diesem Jahr bemerkenswerte Jubiläen: Die Messe Essen den 111., die Koelnmesse den 100., die Messe Friedrichshafen den 75., die Messe München den 60. Geburtstag und die NürnbergMesse das 50. Jubiläum. Eine ganz besondere Geburtstagsgeschichte hat die Messe Stuttgart zu erzählen. Stefanie Kromer, Direktorin Kommunikation der Messe Stuttgart, berichtet Anne Böhl (AUMA) von einer Kuriosität. 


Stefanie Kromer, Direktorin Kommunikation der Messe Stuttgart (Foto: Landesmesse Stuttgart GmbH)

Liebe Stefanie Kromer, die Messe Stuttgart ist 22 Jahre älter als ursprünglich gedacht. 106 statt 84. Was ist passiert?

Wie es manchmal vorkommt, hat uns Kommissar Zufall ein bisschen geholfen. Alles begann im Frühsommer 2023 als wir unsere vierte Tochtergesellschaft, die Messe Stuttgart India, ordnungsgemäß registrieren lassen wollten. Dafür verlangten die indischen Behörden umfangreiche Unterlagen, einschließlich beglaubigter Kopien der Original-Gründungsurkunden, um so das Gründungsdatum der Gesellschaft nachzuweisen. Beim Sichten der Akten im Messe-Archiv stießen wir auf Hinweise, dass unser bisheriges Gründungsdatum möglicherweise nicht das ursprüngliche Datum sein könnte. Diese Spuren wurden dann mit aufwändigen Recherchen im Landesarchiv Baden-Württemberg sowie dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart weiterverfolgt. Und tatsächlich: Es konnte eindeutig belegt werden, dass es eine Vorläuferin der Messe Stuttgart gab, die unter dem Namen „Stuttgarter Handelshof AG“ im Oktober 1918 als Messeunternehmen ins Handelsregister eingetragen wurde. Gefunden wurden auch Berichte über die ersten Messen im Jahr 1919 und zum ersten Messehotel, das in unmittelbarer Nähe zum Messegelände und mit diesem Namen eröffnete. Damit war klar, dass die Messe Stuttgart tatsächlich 22 Jahre älter als bisher angenommen ist und wir somit als Unternehmen unser 100-jähriges Jubiläum leider verpasst haben.

Eine lange Tradition kann ein Wettbewerbsvorteil sein. Wie waren die Reaktionen auf diese historische Entdeckung?

Die Reaktionen waren durchweg positiv, einschließlich eines Schmunzelns bei vielen. Beim diesjährigen Neujahrsempfang vor 1.500 Gästen haben wir dafür spontanen Applaus bekommen. Das Kollegium sowie Messe-Partner und Kunden würdigen diese Zufallsentdeckung durchaus positiv, als Zeichen unserer Beständigkeit und Erfahrung. Besonders erfreulich war die Resonanz auf unsere transparente Kommunikation. Wächst aus der längeren Unternehmensgeschichte ein Wettbewerbsvorteil? Nun, neben dem Sympathiefaktor gehen wir nicht ernsthaft davon aus, dass wir neue Aussteller oder Besucher gewinnen, weil die Unternehmensgeschichte länger ist als gedacht. Eine schöne Messe-Geschichte ist diese Entdeckung aber alle Male.

Die Gründung 1918 statt 1940 – was bedeutet das für das Unternehmen?

Die Erkenntnis, dass die Messe Stuttgart bereits 1918 statt 1940 gegründet wurde, hat für uns insofern eine tiefergreifende Bedeutung, weil die 1940er-Jahre mit der NS-Zeit, mit der Deportation jüdischer Bürgerinnen und Bürger sowie von Angehörigen der Sinti und Roma auch in Stuttgart verbunden war und deshalb einen dunklen Fleck in der Geschichte der Stadt darstellt. Da ist der Beginn der Entstehungsgeschichte der Messe Stuttgart in der Epoche direkt nach dem Ersten Weltkrieg, also fast parallel zu den Anfängen der Weimarer Republik, und damit in die Zeit der ersten Demokratie in Deutschland selbstverständlich entscheidend angenehmer. Das damals aufblühende Wirtschaftsklima in Württemberg und in Deutschland benötigte eine Plattform für den Austausch, so dass die Gründung einer Messegesellschaft das passende und folgerichtige Instrument dafür war, was auch die Berichte von den ersten sehr erfolgreichen Messen in Stuttgart belegen.

Ist für 2028 ein Jubiläum geplant?

Nachdem wir nun schon das runde Jubiläum verpasst haben, wollen wir selbstverständlich den 110-jährigen Gründungstag gebührend feiern. Klar ist dabei, dass wir dies gemeinsam mit unseren Partnern, Gesellschaftern, Kunden und der Belegschaft tun möchten, die alle maßgeblich zum Erfolg der Messe Stuttgart beigetragen haben.

Was ist der nächste Meilenstein für die Messe Stuttgart?

Zunächst einmal ist wichtig, dass die Messe Stuttgart nach den schweren Corona-Jahren wieder auf Erfolgskurs ist. Schon während der Krisenjahre wurden Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt und diverse Neuprodukte an den Start gebracht. Es freut uns sehr, dass die Messe Stuttgart im laufenden Jahr damit wieder auf Rekordkurs ist und wahrscheinlich das erfolgreichste Jahr ihrer über 100-jährigen Geschichte verkünden wird. Bedeutende Ziele haben wir uns auch im Klimaschutz und der weiteren Reduktion der Treibhausgasemissionen gesetzt. Die gesamte Messe- und Veranstaltungsbranche ist herausgefordert, das Ziel von Null Treibhausgasemissionen bis 2040 zu erreichen. In Stuttgart sind wir auch zu diesem Ziel selbstverständlich noch ambitionierter und haben das Jahr 2035 dafür im Visier. Entsprechende Maßnahmen sind, beispielsweise, die Umstellung der Gebäudeheizung von Erdgas auf Wärmepumpen sowie die Installation weiterer Photovoltaikanlagen auf dem Messegelände. Außerdem soll die Nutzung von E-Mobilität bei Mitarbeitern, Ausstellern, Besuchern und unseren Servicepartnern durch den Ausbau der E-Ladesäulen weiter gefördert werden.

Stefanie Kromer (36) ist Direktorin Kommunikation bei der Messe Stuttgart. Sie ist in dieser Funktion zugleich Unternehmenssprecherin . Zum Verantwortungsbereich der studierten Rhetorikerin (Eberhard Karls Universität Tübingen) gehören Unternehmens- und Veranstaltungskommunikation, Marketing Services sowie Protokoll, Event- & Presseservices. Sie ist zertifizierter, systemischer Business Coach und lebt seit neun Jahren in Stuttgart.

Weitere Informationen: https://www.messe-stuttgart.de/

16. Juli 2024




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