Der AUMA koordiniert seit fast 75 Jahren für die ausstellende Wirtschaft das Auslandsmesseprogramm des Bundes. Wie die Auswahl der Messen zustande kommt, berichtet Jennifer Goldenstede, Leiterin Außenwirtschaft im Deutschen Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik Spectaris. Die Fragen stellte Natalja Winges, im AUMA zuständig für das Auslandsmesseprogramm.
Liebe Jennifer, das Auslandsmesseprogramm, kurz AMP, des Bundeswirtschaftsministeriums hat in diesem Jahr sein Jubiläum gefeiert. Was verbindest du mit dem AMP?
Für mich ist das AMP eine Erfolgsgeschichte. Es bietet seit 75 Jahren ein ausgefeiltes Förderinstrument, das vor allem kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit gibt, ihre internationalen Marktchancen zu nutzen und zu erweitern. Ich verbinde damit zahlreiche Erfolge - sowohl auf unternehmerischer als auch auf persönlicher Ebene. So ermöglichte es mir, wertvolle Eindrücke zu sammeln, interessante Begegnungen zu machen und tiefe Einblicke in ganz unterschiedliche Märkte zu gewinnen. Vor allem aber sehe ich im AMP eine enorme Unterstützung für Unternehmen, die oft nicht über die Ressourcen verfügen, um allein auf internationalen Messen präsent zu sein. Das Programm eröffnet ihnen neue Perspektiven und trägt maßgeblich zur Internationalisierung der deutschen Wirtschaft bei.
Spectaris ist seit über 20 Jahren als Antragsteller im Arbeitskreis Auslandsmessebeteiligungen beim AUMA aktiv. Nach welchen Kriterien wählt ihr aus?
Bei der Auswahl der Messen für das AMP gehen wir sehr strukturiert vor. Zunächst analysieren wir die verfügbaren Daten und sprechen mit unseren Mitgliedern, die auch eigene Vorschläge einbringen können. Im nächsten Schritt holen wir über eine quantitative Umfrage Feedback von den Mitgliedern ein, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse und Erfahrungen in die Entscheidungsfindung einfließen. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind unsere eigenen Erfahrungen mit den German Pavilions auf internationalen Messen. Durch die Möglichkeit der Präsenz vor Ort und den direkten Austausch mit den Ausstellern erhalten wir wertvolle Einblicke in die Qualität und Relevanz der Messen. Diese Kombination aus Daten, Mitgliederfeedback und Praxiserfahrungen ermöglicht uns eine fundierte Auswahl der Messen.
Welchen Nutzen bietet das AMP für eure Branche? Was macht es verglichen mit anderen Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung so besonders?
Das Auslandsmesseprogramm ermöglicht, internationale Märkte besser zu beurteilen und direkt vor Ort wertvolle Kontakte zu knüpfen. Besonders hervorzuheben ist die umfassende Serviceleistung der sehr erfahrenen Durchführungsgesellschaften. Dadurch profitieren Unternehmen von einer professionellen und reibungslosen Teilnahme. Zudem sorgt das AMP unter dem Dach „made in Germany“ für eine hohe Sichtbarkeit unserer Unternehmen auf wichtigen Branchenmessen im Ausland.
Verglichen mit anderen Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung zeichnet sich das AMP durch seine Etablierung und Bekanntheit aus – es spricht im Grunde für sich und erfordert wenig Erklärungsbedarf. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass die ausgewählten Märkte in der Regel eine gewisse Reife für unsere Branche mitbringen. So können gezielt Kontakte aufgebaut und nachhaltige Geschäftsbeziehungen geknüpft werden. Die Erfolgsquote ist bemerkenswert hoch; es gibt fast keine Messen, die durchweg schlecht bewertet wurden - aber auch das ist ein Lernprozess. Diese stetige Optimierung macht das AMP zu einem unverzichtbaren Instrument für unsere Branchen.
Als AMP-Antragsteller für Spectaris hast du oft die deutschen Gemeinschaftsstände auf Auslandsmessen betreut. Gibt es ein Erlebnis, das verdeutlicht, wie wichtig die Außenwirtschaftsförderung auf Fachmessen ist?
Ein besonderes Erlebnis für mich war die Leistungsschau für die Laser World of Photonics in Shanghai vor rund 15 Jahren. Der deutsche Gemeinschaftsstand stach deutlich hervor, und es zeigte sich, wie stark gut koordinierte Außenwirtschaftsförderung auf solchen Messen wirken kann. Besonders die politische Flankierung war ein großer Vorteil, den ich mir auch auf anderen Messen häufiger wünschen würde. Beeindruckend ist stets das große Interesse und die Offenheit der Besucher an den Gemeinschaftsständen. Die vielen wertvollen Kontakte und Begegnungen verdeutlichen, wie wichtig diese Plattform für den internationalen Austausch ist. Der Erfolg wird zudem durch ein hochprofessionelles Team gesichert, das die Gemeinschaftsbeteiligungen mit großem Engagement vorbereitet, betreut und organisiert.
Wir leben in turbulenten Zeiten und trotzdem behält das AMP für eure Branche seine Attraktivität. Der Bedarf steigt. Was könnte im Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft optimiert werden?
Es stimmt, dass das AMP auch in turbulenten Zeiten sehr beliebt ist und die Nachfrage steigt. Geopolitische Entwicklungen treiben diesen Bedarf, da Unternehmen auf internationale Märkte angewiesen sind. Das AMP bleibt in unseren Branchen unverzichtbar. Allerdings gibt es Optimierungspotenzial im Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft. Verbände, die kostenfrei viel Arbeitszeit und Know-how einbringen, stehen zunehmend vor Budgetfragen – hier brauchen wir tragfähige Lösungen. Grundsätzlich funktioniert das AMP sehr gut, aber intensivere politische Begleitung auf ausgewählten Messen könnte die Sichtbarkeit und Wirkung noch weiter stärken.
Jennifer Goldenstede ist seit 2005 beim Industrieverband SPECTARIS e.V. in Berlin beschäftigt, wo sie ihre Expertise im Bereich Außenwirtschaft & Exportförderung ausbauen konnte und an vielen Projekten auch im Ausland beteiligt war. Sie hat Soziologie und Psychologie (M.A.) in Kiel studiert und war vor ihrer Zeit bei SPECTARIS für ein Gesundheitsprojekt in der Entwicklungszusammenarbeit für den DED (heute GIZ) in Südafrika tätig. Ihre Lieblingsmesse ist daher natürlich die analytica Lab Africa in Südafrika.