Liebe Frau Crowther, was läuft bei der Kommunikation auf Unternehmensseite rund um Messen Ihrer Erfahrung nach häufig schief?
Kunden kommunizieren häufig gar nicht oder nur Botschaften wie: „Wir sind auch dabei.“ Das bringt wenig mediale Resonanz – ebenso wenig wie werbliche Worthülsen oder der sprichwörtliche Bauchladen, bei dem unklar ist, für was das Unternehmen auf der Messe eigentlich steht. Timing ist ein weiterer Faktor: Schicke ich meine Pressemeldung zu spät raus, haben sich andere den Platz in wichtigen Branchenmedium längst gesichert. Vor Ort am Messestand geht es dann um den persönlichen Kontakt. Wer Journalisten einlädt und dann niemanden hat, der sich um die Besucher kümmert und Innovationen und Technologien verständlich erläutern kann, verspielt Sympathien.
Was kann ein Unternehmen tun, damit Produkte und Unternehmen auf einer Messe auch medial wahrgenommen werden?
Da sind die Inhalte entscheidend: Was interessiert Journalisten und ihre Leser wirklich? Was gibt es an relevanten Neuheiten, welchen Nutzen haben sie und werden sie anschaulich präsentiert? Insgesamt hilft eine gestaffelte, multimediale Kommunikation. Denn längst informieren sich Medienvertreter und Kunden nicht nur über einen Kanal. Es braucht einen Mix aus Social Media, klassischer PR-Arbeit, also Presseinformationen, Fachartikel, Anwenderberichte etc., online und oft auch in Print-Medien. Und ein Unternehmen sollte Medienvertretern auch Vor-Ort etwas bieten: exklusive Interviews mit Experten oder der Geschäftsführung oder Standrundgänge für die Presse tragen maßgeblich zum PR-Erfolg bei. Genauso wie gute, leicht zugängliche Hintergrundinformationen und druckfähiges Bildmaterial.
Welche Rolle spielt die persönliche Ansprache von Medien im Vorfeld der Messe und wie gelingt sie?
Sogar bei großen Ausstellern ist die persönliche Ansprache unerlässlich. Allerdings hat sich da in den vergangenen Jahren einiges verschoben: Wo wir als PR-Berater früher bereits Wochen vor der Messe Termine eingetütet haben, läuft die Planung heute sehr viel kurzfristiger. Auf Save-the-Dates oder auch Einladungen per E-Mail antworten die wenigsten von sich aus. Das persönliche Nachfassen hat an Bedeutung gewonnen – und damit auch ein klares, konkretes Angebot, was die Journalisten auf der Messe erwartet. Viele Verlage stehen unter hohem Kosten- und Zeitdruck. Die Zeitfenster der Journalisten sind begrenzt – und wollen mit guten Geschichten und spannenden Technologien gefüllt werden.
Gibt es typische Fehler, die Unternehmen nach der Messe machen?
Ein typischer Fehler ist, sich von einem kurzen Standrundgang als Ergebnis einen umfangreichen Artikel zu erwarten – und unzufrieden zu sein, wenn das nicht sofort passiert. Hier sind Geduld und auch Nachfassen angesagt. Und von unserer Seite als PR-Berater Erwartungsmanagement! Was auch immer wieder vorkommt: Unternehmen sagen auf der Messe Dinge zu wie die Nachlieferung von Bildmaterial oder die Deadline für einen exklusiven Fachartikel. Aber dann halten sie die Versprechen nicht ein, weil zum Beispiel Kapazitäten fehlen. Hier ist es einfach wichtig, am Ball zu bleiben und die Kontakte nicht im Sande verlaufen zu lassen.
Ein Blick nach vorn: Wie verändert sich Messe-PR in den nächsten drei bis fünf Jahren, z.B. durch digitale und hybride Veranstaltungsformate?
Meine Prognose: Die Ansprache von Medienvertretern wird noch individueller, und wir werden Geschichten – auch dank KI – noch besser auf Zielmedien zuschneiden. Auch Videos und Live-Übertragungen werden immer zentraler. Reale Begegnungen bleiben aber das A und O. Während Corona gab es zahlreiche digitale Messen – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Bis heute höre ich immer wieder, wie gut es den Journalisten gefällt, wieder im persönlichen Austausch zu sein. Als es nach Corona wieder mit den Vor-Ort-Messen losging, war Feierstimmung zu spüren. Beziehungspflege bleibt wichtig: Als Menschen wollen wir mit anderen interagieren. Dafür gehen wir schließlich auch auf eine Messe.
Annette Crowther ist mehrsprachig in Luxemburg aufgewachsen. Nach dem Studium absolvierte sie ein PR-Volontariat in einer Karlsruher Agentur. 2012 wechselte sie zu Commha Consulting, wo sie seither zahlreiche Kunden aus dem B2B-Bereich in der internationalen Medienarbeit mit Schwerpunkt Messe-PR betreut. Der Fokus liegt auf den Bereichen Maschinenbau und Verpackungstechnik für die Pharmaindustrie sowie Industrie 4.0. Ihre Lieblingsmesse ist die Achema in Frankfurt/Main, dicht gefolgt von der interpack in Düsseldorf. Zur Entspannung greift sie gerne zu einem guten Krimi oder unternimmt Wanderungen und Städtetrips mit Freunden.
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26. November 2025

