Über den Tellerrand

Lachen erlaubt: Mit Humor zum Geschäftserfolg

Interview mit Andra Riemhofer

Die deutsche Geschäftskultur kann für das internationale Publikum eine Herausforderung sein. Das Interview mit Andra Riemhofer taucht in ihr neues Buch ein.

Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas und Top 3 international. Die Messen hierzulande bilden das in besonderer Form ab: 60 Prozent der 180.000 ausstellenden Unternehmen sowie 35 Prozent der rund zehn Millionen Besucherinnen und Besucher kommen aus dem Ausland angereist. Die Geschäftskultur kann jedoch für das internationale Publikum eine Herausforderung sein. Für AUMA Compact taucht Sylvia Kanitz (AUMA) mit Andra Riemhofer, Autorin des Buches “Doing Business in Germany” in die Feinheiten des deutschen Geschäftslebens ein.

Liebe Andra Riemhofer, “Doing Business in Germany” liegt frisch gedruckt in zweiter Auflage vor. Welche neuen Erkenntnisse und Entwicklungen hast du in das Buch aufgenommen?

Anstoß, eine zweite, erweiterte Auflage in Angriff zu nehmen, waren die Rückmeldungen einiger Leser, dass ihnen das Buch geholfen habe, sich als Expats in Deutschland einzuleben. Für diese Zielgruppe war die erste Auflage mit Untertitel „A Concise Guide to Understanding Germans and Their Business Practices” eigentlich gar nicht gedacht. Also habe ich ein neues Kapitel erarbeitet, das Expats helfen wird, typische Herausforderungen im Arbeitsleben in deutschen Teams besser zu meistern. Der Verlag hat darauf bestanden, dass wir den Untertitel kürzen, weil sich Bücher mit kürzeren Titeln besser verkaufen sollen, und so kam ich auf „How to Work Successfully with Germans“. 

Beim Rest dachte ich, das sei Kosmetik, aber seit der ersten Auflage vor sechs Jahren hat sich sehr viel getan: Denken wir nur an Corona und wie sich der Dress-Code und unser Arbeitsleben verändert haben. Auch die wirtschaftliche Situation und politische Lage ist eine andere. Und ich musste eine ganze Menge Daten aktualisieren: Bevölkerungszahlen, Höhe Mindestlohn, Preis einer Tüte Milch, und so weiter.

In einem Kapitel geht es speziell um Messen. Wieso verdient die Messewirtschaft ein eigenes Kapitel?

Zum Thema Messen gibt es sogar zwei Unterkapitel: Einmal in Kapitel 3 „What ‚Made in Germany‘ Essentially Means“ mit dem Abschnitt „German Trade Shows“ und einmal in Kapitel 7 „How to Secure Yourself a Pole Position for Winning Business in Germany“ mit den Ausführungen zu „What You Should Know to Prepare for a Successful Trade Show Visit“.

Weiter sind viele meiner Beispiele messe-bezogen: wie ich Termine auf Messen arrangiere, wie ich ein Verkaufsgespräch führe, und so weiter. Messen sind der perfekte Einstieg, einen neuen Markt kennenzulernen, das muss ich hier bestimmt nicht weiter ausführen. Umso mehr freut es mich, dass mein Buch international verfügbar ist und es sogar eine kostengünstige Edition für den Indischen Subkontinent gibt. Für Auslandsvertretungen und Messetöchter ist mein Buch ein super Tool, das sie potenziellen Ausstellern und Besuchern an die Hand geben können. Zumindest sollten sie es kennen und empfehlen.

Welche kommunikativen Herausforderungen siehst du für ausländische Unternehmen, die mit deutschen Unternehmen ein Geschäft starten wollen, und wie können diese Herausforderungen am besten gemeistert werden?

Ich habe kürzlich eine Firma beraten, die auf Kaltakquise spezialisiert ist. Man kam zu mir, weil deren Werbemails in der ganzen Welt funktionieren, nur in Deutschland nicht. Da hatte man null Response, was die Kunden dieser Agentur natürlich nicht gefreut hat. Ich habe mir das angeschaut und nur gedacht, das passt doch hinten und vorne nicht, damit lockt man doch niemanden hinter dem Ofen vor. Viel zu unkonkret und vom Aufbau her, wie man das vielleicht in den 1990er Jahren gemacht hat. 

Deutsche Entscheider lassen sich ungern mal eben so auf einen Call oder ein Treffen ein, da muss man schon sehr konkret vorab deren Nutzen herausstellen. Bei uns kommt der Beziehungsaufbau, nachdem man fachlich überzeugt hat, nicht anders herum. Es geht aber nicht nur um die Kommunikation. Was oft unterschätzt wird ist, wie spezialisiert man in Deutschland in der Regel ist. Da darf man nicht schwammig argumentieren. Als Generalist oder jemand, der mit Service statt Expertise punkten will, tut man sich eher schwer. Das muss man wissen und all solche Dinge erfährt man in meinem Buch.

Humor scheint oft ein schwieriges Thema in der Geschäftswelt zu sein, oder? Hast du einen Tipp, wie man humorvoll, aber professionell bleiben kann, insbesondere in interkulturellen Teams?

Humor und Professionalität schließen sich nicht aus. Was wir jedoch bedenken müssen: Was der oder die eine lustig findet, kommt beim Gegenüber unter Umständen ganz schlecht an. Aus meinen Interviews hat sich ergeben, dass man in Deutschland gerne Witze auf Kosten anderer macht, und das kann für jemanden, der diese Art nicht kennt, sehr verletzend sein. Auch wenn Kommentare in keiner Weise böse gemeint sind. Womit man in der Regel besser fährt, ist sich selber nicht so wichtig nehmen, sich selber auf die Schippe nehmen, und kleine Schwächen charmant herausstellen.

Ich habe auf einer Messe abends mal meine Schuhe ausgezogen und zu meinem dänischen Kunden gesagt, Gott sei Dank sei er recht groß, daher sei es bestimmt nicht schlimm, wenn die messe-müden Füße da unten am Boden ein wenig riechen. Erst war es mir unangenehm, dass mir das so rausgerutscht war, aber mit dem Kommentar war das Eis zwischen uns endgültig gebrochen. Seine Antwort war: Und ich dachte immer, Ihr Deutschen habt keinen Humor!

Einer dritten Auflage deines Buches vorausgegriffen: Welche Trends und Entwicklungen erwartest du in den nächsten drei bis fünf Jahren in der Kommunikation?

Zwei Dinge beschäftigen mich: Welche Rolle wird KI spielen? Wird sie Kommunikation vereinfachen oder gehen wir im Einheitsbrei unter? Weiterhin, wie entwickelt sich der Diskurs und unsere Streitkultur. Das war insbesondere in dem Kapitel über das Arbeitsleben ein Feedback einiger Befragter, dass in deutschen Büros zu wenig leidenschaftlich gestritten wird. Ich wage keine Prognose, aber sollte es eine dritte Auflage geben, sage ich Bescheid.

 

Andra Riemhofer ist eine messe-affine Beraterin für Geschäftsentwicklung. Sie hilft technologieorientierten Unternehmen dabei, in Deutschland Projekte zu gewinnen. Mit einem fundierten Hintergrund in Betriebswirtschaft und interkultureller Kommunikation bringt sie eine Mischung aus strategischem Weitblick, technischem Know-how und kulturellem Feingefühl mit. Messen kennt sie aus allen möglichen Perspektiven: Besucherin, Aussteller, und Ex-Mitarbeiterin der Messe München. Ihre Lieblingsmessen sind in alphabetischer Reihenfolge: bauma, electronica, embedded world und InnoTrans.

Das Buch ‘Doing Business in Germany: How to Work successfully with Germans’ ist in zweiter Auflage in englischer Sprache neu erschienen. 

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