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23. Januar 2020Recht

Gang ist nicht gleich Stand

​Mit Beschluss vom 17.12.2019 hat der EuGH entschieden, dass Verbraucher ein Widerrufsrecht haben, wenn sie auf dem Gang einer Messehalle von Ausstellern angesprochen werden und daraufhin ein Kaufvertrag zustande kommt.


Kann der Kauf eines Staubsaugers in einer Messehalle widerrufen werden? 

Folgender Sachverhalt lag dem Beschluss zu Grunde: Das klagende ausstellende Unternehmen vertreibt Dampfstaubsauger auf diversen Volksfesten, unter anderem auf dem Gäubodenvolksfest in Straubing, auf dem diverse Messehallen stehen. Ein Verkäufer der Klägerin hat den Beklagten, der auf dem Gang stand, angesprochen, um ihn vom Kauf eines Dampfstaubsaugers zu überzeugen. Der Beklagte ist dann auf Einladung des Verkäufers in den Stand gegangen, wo es wenig später zu einem Kaufvertrag kam. Später hat der beklagte Besucher erklärt, am Vertrag nicht mehr festhalten zu wollen. 

Das Amtsgericht Straubing hat in dem sich anschließenden Verfahren den EuGH mit folgender Frage angerufen: Liegt ein außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag mit der Folge eines Widerrufsrechts vor, wenn ein Unternehmer einen Verbraucher anspricht, der in einer Messehalle auf einer Verbrauchermesse im Gang vor dem Verkaufsstand steht, ohne mit dem Unternehmer zu kommunizieren und daraufhin der Vertrag im Verkaufsstand zustande kommt?

Der EuGH hat dazu ausgeführt, dass Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83 folgendermaßen auszulegen ist:  Ein Messestand eines Unternehmers, an dem der Unternehmer seine Tätigkeiten an wenigen Tagen im Jahr ausübt, fällt unter den Begriff „Geschäftsräume“ im Sinne dieser Bestimmung, wenn in Anbetracht aller tatsächlichen Umstände rund um diese Tätigkeiten und insbesondere des Erscheinungsbilds des Messestandes sowie der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen.

Insoweit kann der den verschiedenen in der Ausstellungshalle vertretenen Verkaufsständen gemeinsam zur Verfügung stehende Gang nicht als „Geschäftsraum“ angesehen werden, da er als Zugang für die Stände aller in dieser Halle vertretenen Unternehmer diente, so der EuGH.

Daher ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auch dann ein „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag“, wenn folgendes gegeben ist: Der  Vertrag wurde in einem Geschäftsraum des Unternehmers abgeschlossen, unmittelbar nachdem der Verbraucher an einem Ort persönlich und individuell angesprochen worden war, der nicht zu den Geschäftsräumen des Unternehmers gehört, etwa auf dem für die verschiedenen in der Ausstellungshalle einer Messe vertretenen Verkaufsstände gemeinsam zur Verfügung stehenden Gang.

Somit gilt grundsätzlich: Bei einer Ansprache von Besuchern auf dem Messestand kann ein Kaufvertrag nicht widerrufen werden, bei einer Ansprache von Besuchern, die sich auf dem Gang aufhalten, hingegen schon. 

Ganz grundsätzlich ist die Durchführung von Werbemaßnahmen von Ausstellern außerhalb des Messestandes ohnehin nicht erwünscht und regelmäßig durch die Allgemeinen Teilnahmebedingungen der Messeveranstalter untersagt, um einen geordneten Messeablauf zu gewährleisten.





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