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21. November 2018Recht

Höhe von Nachzahlungszinsen verfassungswidrig?

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Bereits seit 1961 beträgt der Zinssatz auf Steuernachzahlungen an das Finanzamt 6% pro Jahr. Das Marktzinsniveau ist zwar seit Jahren deutlich niedriger, aber die Zinshöhe von 6% wurde von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten bislang weiterhin als angemessen angesehen. Nun hat der BFH erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe von Nachzahlungszinsen geäußert (BFH, Beschluss v. 25.4.2018, IX B 21/18).

Zumindest für Verzinsungsräume ab dem Jahr 2015 bestünden schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen zur Zinsfestsetzung. In dem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz ging es um Nachzahlungszinsen in Höhe von 241.000 Euro. Die Antragssteller hatten gegen den Zinsbescheid Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Sowohl das Finanzamt als auch das zuständige Finanzgericht lehnten die Aussetzung der Vollziehung ab, woraufhin die Antragssteller Beschwerde vor dem BFH erhoben. Nach Ansicht des BFH überschreitet der in der Abgabenordnung gesetzlich festgelegte Zinssatz den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich.

Der Sinn der Verzinsungspflicht bestehe darin, den Nutzungsvorteil, den der Steuerpflichtige dadurch erhalte, dass er während der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen könne, wenigstens zum Teil abzuschöpfen. Wegen des aktuellen Niedrigzinsniveaus trage die realitätsferne Bemessung diese Zinshöhe aber nicht.

Da das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz geführt wurde, musste der BFH die Problematik nicht dem BVerfG vorlegen. Er hat nur die Vollziehung mit der Maßgabe aufgehoben, dass in der Vergangenheit entstandene Säumniszuschläge entfallen. Beim BVerfG sind allerdings zu der Höhe des Zinssatzes von Nachforderungszinsen bereits seit längerer Zeit die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 anhängig, so dass eine abschließende Klärung dieser Frage demnächst zu erwarten ist. Steuerpflichtige sollten einstweilen gegen jede Zinsfestsetzung, die zu einer Zinszahlungführt, Einspruch einlegen, um später noch eine entsprechende Änderung erreichen zu können.




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