Es liegt in der Natur der Veranstaltungsbranche, dass Unternehmen vor großen Events das eigene Personal mit freien Mitarbeitern aufstocken, um in den eng getakteten zeitlichen Rahmenbedingungen auf genügend Unterstützung zugreifen zu können. Hieraus ergibt sich aber das Risiko der Beschäftigung von Scheinselbständigen, denn die vertraglich als selbstständig betitelten Auftragnehmer müssten nach objektiven Kriterien oftmals eigentlich als
Arbeitnehmer eingestuft und als solche auch versicherungspflichtig angemeldet werden.
In diesem Zusammenhang ist auf ein Urteil des LG Göttingen aus 2018 hinzuweisen,
in welchem der Geschäftsführer einer Firma, die für die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung Göttingen (GWG) technische Veranstaltungsdienstleistungen in der Göttinger Veranstaltungslocation „Lokhalle“ erbracht hat, wegen Sozialversicherungsbetrugs in 161 Fällen zu einer Haftstrafe von 18 Monaten auf Bewährung verurteilt wurde.
Das Gericht hatte sich nicht von den Ausführungen des Angeklagten überzeugen lassen, dass seine Beschäftigten selbständig tätig gewesen seien, weil sie alle über einen Gewerbeschein verfügt hätten und ihnen die Aufträge als Einzelgewerke übertragen worden seien, die sie auch ablehnen hätten können. Das Gericht war vielmehr der Auffassung, die zahlreichen von dem Angeklagten als Selbständige beschäftigten Personen seien tatsächlich Arbeitnehmer gewesen. Die für sie fälligen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung habe der Angeklagte im Zeitraum von Januar 2008 bis September 2013 nicht entrichtet. Der Sozialversicherung seien damit Beiträge in Höhe von rund 384.000 Euro vorenthalten worden. Über die 18 Monate Haft hinaus muss der Firmeninhaber dementsprechend die entgangenen Sozialversicherungsbeiträge entrichten sowie eine Geldbuße in Höhe von 5.000 Euro zahlen.
Strittig war in diesem Verfahren auch, ob die Scheinselbstständigen de facto nicht möglicherweise Arbeitnehmer der Betreiberin der Veranstaltungslocation waren. Es empfiehlt sich in jedem Fall für Unternehmen in der Veranstaltungsbranche, ihre Vertragsstrukturen diesbezüglich zu untersuchen, denn Fachkreise sind der Auffassung, dass es in der Veranstaltungsbranche aufgrund dieses Urteils zukünftig vermehrt zu Prüfungen zur Scheinselbständigkeit kommen könnte.