EuGH: Störerhaftung auch auf realen Marktplätzen
Wer als Betreiber eines realen Marktplatzes Händlern Verkaufsfläche zur Verfügung stellt, haftet im Falle des Vertriebs von gefälschter Ware auf Beseitigung und Unterlassung. Der EuGH hat in einem aktuellen Urteil vom 07.07.2016 (Az.: C-494/15) die von ihm in der ebay-Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Haftung der Betreiber von Online-Marktplätzen nun auch auf die Betreiber von realen Marktplätzen übertragen.
In dem vom EuGH zu entscheidenden Fall waren mehrere Markenrechteinhaber gemeinsam gegen den Betreiber einer Markthalle in Prag vorgegangen, weil in den von ihm vermieteten Ladengeschäften in großer Zahl Fälschungen ihrer hochpreisigen Markenprodukte verkauft wurden. Die Verkäufer in den Hallen wechseln häufig, aus diesem Grund erschien es den Herstellern der betroffenen Markenprodukte effektiver, direkt gegen den Marktbetreiber vorzugehen. Sie wollten mit der Klage erreichen, dass der Betreiber der Markthalle künftig wirksame Maßnahmen gegen die Ladeninhaber ergreifen muss, um den Verkauf von Fälschungen zu unterbinden.
In der sog. ebay-Rechtsprechung hatte der EuGH auf Basis der Enforcement-Richtlinie (RL 2004/48/EG) entschieden, dass die Betreiber von Online-Marktplätzen grundsätzlich auf Beseitigung und Unterlassung der von den Benutzern dieses Marktplatzes verursachten Rechtsverletzungen in Anspruch genommen werden können. Der Anwendungsbereich der Enforcement-Richtlinie sei aber nicht auf den elektronischen Handel beschränkt, so der EuGH nun. Daher könne auch der Betreiber eines physischen Marktplatzes dazu gezwungen werden, von Händlern begangene Markenrechtsverletzungen abzustellen sowie Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Verstöße zu ergreifen.
Der EuGH stellt aber auch fest, dass eine anlasslose präventive Prüfpflicht für die Marktplatzbetreiber unzumutbar wäre. Den Betreibern von Marktplätzen sollen keine unzumutbaren Überwachungs- und Prüfpflichten abverlangt werden, die im Ergebnis Schranken für den rechtmäßigen Handel darstellen würden. Daher müssen Marktplatzbetreiber zunächst Kenntnis von dem rechtswidrigen Verhalten eines Händlers erhalten haben, bevor sie zu einem aktiven Vorgehen verpflichtet sind.
Messeveranstalter sind letztlich auch Betreiber von physischen Marktplätzen. Die deutschen Messegesellschaften sind aber auf ihren Veranstaltungen schon seit langer Zeit engagiert im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie aktiv. Helpdesks, anwaltliche Notdienste und Dolmetscherleistungen sind nur einige der Services, die sie betroffenen Rechteinhabern anbieten. Eine präventive Prüfpflicht wäre für sie aufgrund der Vielzahl von Exponaten auf den großen Fachmessen am Messeplatz Deutschland in der Regel eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Jeder Rechteinhaber sollte sich aber umgehend an die Messeleitung wenden, wenn er eine Verletzung seiner Marken oder Innovationen feststellt. Dann wird er schnellstmöglich Hilfe und Unterstützung erhalten.